Glyphosat-Entscheidung erneut verschoben

 

Darf weiter gesprüht werden, oder nicht? Das ist auch heute weiter unklar. Die EU hat die Entscheidung über die erneute Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat vertagt. Der deutsche Landwirtschaftsminister zeigte sich enttäuscht.

Im Deutschlandfunk ließ ein hörbar enttäuschter Bundeslandwirtschaftsminister wissen, dass er keinen raschen Durchbruch erwarte. Er könne bestätigen, so Christian Schmidt, „dass heute keine Entscheidung fällt, keine Beschlussfassung angefordert wird. Und wenn die heute angefordert würde, müssten wir uns mangels Einigkeit enthalten.“

 

Die Bundesregierung ist uneins

 

Die Bundesregierung ist selbst Teil des Problems. Hat sie doch noch immer keine einheitliche Position in der Frage gefunden, ob die Lizenz für das Spritzmittel um weitere neun Jahre verlängert werden soll, wie es die EU-Kommission vorschlägt. CSU-Mann Schmidt wäre dafür, doch seine Kabinettskollegen von der SPD, Gabriel und Hendricks, haben ihre Zustimmung kassiert, mit Hinweis auf den Verbraucherschutz.

Für eine weitere Zulassung von Glyphosat wäre laut EU-Recht eine qualifizierte Mehrheit nötig, bestehend aus 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die zugleich 65 Prozent der Bürger repräsentieren. Weil auch Frankreich und Italien zum Lager der Skeptiker zählen, steht das Quorum auf der Kippe.

Grund für die deutsche Enthaltung ist ein Koalitionskrach. Die Union ist für die weitere Zulassung von Glyphosat, die SPD ist dagegen. Dabei hatten die sozialdemokratischen Minister im Kabinett ursprünglich ebenfalls ihr O.K. angedeutet. Der Druck aus der SPD-Bundestagsfraktion war aber offenbar so groß, dass Umweltministerin Barbara Hendricks und Vizekanzler Sigmar Gabriel ihre Meinung änderten. Eine „Rolle rückwärts“, beklagte Agrarminister Christian Schmidt (CSU), der Kanzlerin Angela Merkel hinter sich weiß.

SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht zeigte sich zufrieden über die Verschiebung. „Solange nicht eindeutig geklärt ist, ob dieses Unkrautvernichtungsmittel gesundheitsschädlich ist oder nicht, darf Glyphosat nicht wieder zugelassen werden“, sagte sie. Für die SPD gelte das Vorsorgeprinzip, „wonach nur zugelassen werden darf, was zweifelsfrei nicht gesundheitsschädlich ist.“

Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Wissenschaft ist in dieser Frage gespalten, Umweltschützer sind gegen das Mittel und die Mehrheit der Bevölkerung ebenso. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird Glyphosat vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In Deutschland kommt es auf etwa 40 Prozent der Felder zum Einsatz.

„Die Politik setzt sich an Stelle der Wissenschaft“

 

„Bis letzte Woche hatten wir eine Einigung“, so Schmidt. „Und in der letzten Woche hat ein Koalitionspartner die Zustimmung zurückgezogen. Mein Problem damit ist, dass sich damit die Politik an die Stelle der Wissenschaft setzt.“

Glyphosat, der weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichter ist seit Jahren in der Diskussion, weil er im Verdacht steht, Krebs zu verursachen. Die Kontrollbehörden der EU sehen jedoch keine Gefahr für Umwelt und Gesundheit. Für Minister Schmidt das entscheidende Argument: „Die Wissenschaft kommt zu dem Ergebnis , dass bei sachgemäßer Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen.“ Man muss hierbei auf alle Fälle gut im Auge behalten, wer „die Wissenschaft“ denn darstellt, wenn sie so benannt wird! Es ist wichtig unabhängige Studien zu Rate zu ziehen und keine Studien, die über zig Ecken von Monsanto erkauft wurden. Und so sieht es auch bei den Politikern aus die solche Aussagen tätigen und andere Genossen dazu drängen, genau so abzustimmen.

Die alte EU-Genehmigung für Glyphosat, die bereits um ein halbes Jahr verlängert wurde, läuft Ende Juni aus. Deshalb drängt die Zeit. Agrarminister Schmidt versichert zwar, man arbeite weiter an einer Einigung, räumt aber ein, dass dies nicht einfach werde.

Die Union wirft dem Koalitionspartner jedoch vor, aus taktischen Motiven seine Meinung geändert zu haben. „Bei der Diskussion um Glyphosat geht es schon lange nicht mehr um Fachlichkeit und die Gesundheit der Verbraucher, sondern um Ideologie und ums Gewinnen“, sagte CSU-Umweltexpertin Marlene Mortler. „Auch wenn sie noch so überzieht und Panik verbreitet: Das führt die SPD nicht aus ihrem Umfragetief heraus.“ Das kann man nun sehen wie man will, allerdings ist solch eine Aussage nicht unbedingt eines Politikers würdig, sondern erweckt den Anschein die Schiene des Denunzierens zu fahren.

Die EU-Kommission will nicht im Alleingang entscheiden

 

Ohne klares Votum im Fachausschuss liegt der Ball in Sachen Glyphosat nun wieder im Feld der EU-Kommission. Angesichts des Patts unter den 28 Mitgliedsstaaten könnte sie zwar auch im Alleingang entscheiden. Aus diplomatischen Kreisen ist jedoch zu hören, dass die Behörde den Schwarzen Peter nicht übernehmen will. Man kennt Brüssel eigentlich nicht so Entscheidungsunwillig. Das könnte in diesem Fall evtl. daran liegen, dass es doch hochgradig gesundheitsschädlich ist und man Angst vor den Konsequenzen hat, wenn heraus kommt dass die Studien, die man für die Entscheidung verwendet hatte, alle samt gefälscht und erkauft wurden.

Sollte die Lizenz für das weit verbreitete, aber umstrittene Herbizid Ende Juni einfach auslaufen, drohen Hersteller wie der US-Konzern Monsanto mit Klagen. Es ist definitiv schon einmal ein guter Vorgeschmack darauf, was uns mit TTIP erwartet, wenn es mal durchgesetzt werden sollte.

Erklärte Gegner wie der Grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling, haben damit kein Problem: „Das Mindeste wäre, dass man die wesentliche Anwendung von Glyphosat verbietet oder einschränkt.“ Nach Häuslings Vorstellungen solle nicht jeder Laie Glyphosat anwenden dürfen, es solle nicht auf Spielplätzen genutzt oder kurz vor der Ernte nicht angewendet werden. Auch hier fragt sich jeder vernünftig denkende Mensch, warum wird hier so rumgeeiert? Entweder ist es gesundheitsschädlich und es gehört verboten, oder aber es ist nicht gesundheitsschädlich und es darf verwendet werden! Die Aussage von Häusling ist nichts Halbes und nichts Ganzes und zeigt nur die Planlosigkeit der Politiker auf.

Ein paar Wochen Zeit, um einen Kompromiss zu finden, bleiben allerdings noch. Auch Landwirtschaftsminister Schmidt will Glyphosat nur unter strengen Auflagen wieder genehmigen. So solle das Pflanzengift künftig nur noch „von Profis“ eingesetzt werden, wie er sagt. Also von Landwirten und nicht mehr von Hobbygärtnern.

Vorschläge, die Risiken für Mensch und Umwelt zu verringern, hat auch das EU-Parlament gemacht. Wenn die Kommission ihre Beschlussvorlage entsprechend anpasst, und der Experten-Ausschuss in den nächsten Tagen eine Sondersitzung anberaumt, könnte ein Ja für Glyphosat doch noch rechtzeitig zustande kommen. Eine tolle Augenwischerei und alle können nachts wieder gut schlafen. Die Lobbygelder sind in guten Händen und man hat dem Volk erzählt, dass man jetzt das Gift viel vorsichtiger in ihr Essen kippt als es vorher der Fall gewesen ist. Und so wie man den durchschnittlichen Europäer ja bereits kennt, wird er diesen Quatsch auch wieder einmal glauben und friedlich in sein Glyphosat verseuchtes Essen beißen, genüsslich eine Flasche Bier daneben stehen haben und sich weiter dem Hartz4-Programm im TV widmen.

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